Menschliche Marionetten

Was, wenn Macht mehr Fluch als Segen ist?

 

 

Nayan kontrolliert andere. Er schlüpft in ihre Körper, sobald er sie mit beiden Augen ansieht – ob er will oder nicht.

 

Mit dieser Macht könnte er ein Held werden. Er könnte auch seine Feinde beseitigen. Er könnte aber auch seinem inneren Wahn verfallen.

 

 

ISBN: 978-3759761521

PREIS: 10,00 €

 

 

 

 

 

 

Warum ich diese Augenklappe trage?

 

Ich schlüpfe in die Körper anderer hinein, sobald ich sie ansehe. Eine ziemlich große Macht, oder?

 

Ich hielt sie zunächst als Fluch. Doch damit kann ich die Welt ändern, meine Feinde beseitigen und der eine Held werden, wie ihn die Welt schon immer gebraucht hat.

 


 

 

 

 

Fakten zum Buch

  • Covergestaltung: Clara Schulze Mönking
  • Erscheinungstermin:  12. August 2024
  • Enstehungszeitraum: 2019-2024
  • Seiten: 188

 

►LESEPROBE E-BOOK

 

Leseprobe

Überall standen alte Holztische mit Bänken, an denen auch meist Männer saßen. Im Zentrum des Raumes stand eine dunkle, lange Bar, hinter der ein Mann mit langem Bart zu mir sah, bevor er sich dann wieder umdrehte. Vor der Bar war eine leere Fläche, welche ursprünglich wohl zum Tanzen gedacht gewesen war, doch hier standen jetzt nur einige Männer gekrümmt im Kreis. In ihrer Mitte torkelten zwei oberkörperfreie Typen umher und schwangen die Fäuste in dem Versuch, das Gegenüber zu erwischen. Die Menge johlte, wann immer ein Treffer gelandet wurde. Bei einem weiteren Blick in den Raum sah ich, dass auch die Leute an den Tischen zusahen oder bereits in ihrer eigenen Kotze schliefen. Wie konnte man nur zu dieser Uhrzeit schon besoffen sein? Oder … noch besoffen sein?

 

 

Außerdem bemerkte ich jemanden, der im Vergleich zu den anderen nicht betrunken schien. Ein Mann mit braunen Haaren, welche zu einer Igelfrisur aufgestellt waren, und dunkelblauer Jeansjacke saß im hinteren Bereich, sodass er sowohl die Bar als auch die Prügelgrube im Blick hatte. Seine Hände konnte ich nicht sehen, da er sie unter den Tisch gesteckt hatte. Genau wie der Gastwirt hatte auch er mich angesehen, als ich den Raum betreten hatte. Er wirkte jünger als der Rest der Anwesenden.

 

 

Trotz der lauten Musik verdrückte ich mich leise an der Wand entlang zu einem Platz in einer der Ecken. Nun saß ich exakt auf der anderen Seite des Raumes zum braunhaarigen Mann. Er warf mir noch einen weiteren Blick zu, bevor er sich den Prügelnden zuwendete. Seine Hände blieben nach wie vor unter dem Tisch.

 

Es war soweit. Ich befreite mich von der Angst, dass man meinem Körper etwas antat, während ich in einem anderen Körper festsaß. Immerhin konnte ich ja trotzdem jederzeit eingreifen, nicht wahr? Dann lehnte ich mich an die Wand und ließ mich ein wenig auf der Bank zusammensinken.

 

 

 

Kaum hatte ich die Augenklappe gehoben, befand ich mich im Körper einer der Männer, die sich oberkörperfrei prügelten. Alles schwankte, mein Blick konnte sich kaum fokussieren, doch meine Gedanken blieben klar. Der Schmerz, welcher entstand, als mein Gegenüber mir einen Schlag gegen den Brustkorb versetzte, hallte dumpf nach. Es war, als stünde ich unter einer Betäubung, die meinen Geist jedoch in Ruhe ließ. Keine Zeit für solche Gedanken! Zeit, diesen trägen Körper zu bewegen.

 

 

Ich schlug mit der rechten Faust zu, jedoch folgte der Körper meinem Befehl erst ein wenig später. Der Schlag saß, da mein Gegner ebenso lahme Reaktionen hatte. Er taumelte ein Stück zurück. Als er sich wieder vorwärts bewegte, sah ich feine, silbrige und beinahe durchsichtige Fäden, welche mich an ein Spinnennetz erinnerten. Sie sprossen aus dem Nacken meines behaarten, stinkenden Feindes heraus und verbanden diesen mit der hinteren Ecke. Dort saß der braunhaarige Mann. Er riss die Augen weit auf, als ich ihn durch die Augen meines gestohlenen Körpers anblickte. Mein Herz begann zu rasen, ich wusste nicht wieso. Ein Gefühl, dass er durch meine Fähigkeit hindurchsehen konnte, machte sich in mir breit. Was hatten diese Fäden zu bedeuten?

 

 

Vor lauter Gedanken und Angst hatte ich das Kampfgeschehen vergessen. Eine klobige Faust rammte sich in mein Gesicht. Meine Nase knackte und der Schmerz betäubte meine glühende Stirn. Das Bild drehte sich noch mehr, verengte sich. Meine Schulter kollidierte mit dem Boden, dann wurde alles schwarz.

 

 

 

Erschrocken zuckte ich hoch und sah mich um. Ich zitterte, als ich meine Augenklappe auf das geschlossene Auge setzte. Warum? Selbst nach Keiths Tod – oder dem Tod des Autofahrers – hatte ich nicht gezittert, ich war bloß angespannt gewesen. Der Betrunkene war doch nur bewusstlos, oder? Ein weiterer, ängstlicher Blick in die gegenüberliegende Ecke zeigte mir, dass der braunhaarige Mann verschwunden war.